Kategorie: Gemeinde digital
Impuls für die Woche 30.08.2023
Ich war dieses Jahr mal wieder an der Nordsee im Urlaub. Das ist nicht so mein Wunschziel, weil es mir zu kalt ist. Ich habe es gern warm, ja sogar richtig heiß, von daher ist der Süden mehr so mein Ziel. Dennoch übt gerade die Nordsee eine besondere Faszination auf mich auf. Ich glaube das liegt daran, dass die Nordsee anders ist als andere Meere. Ebbe und Flut bestimmen dort das Leben. Die Nordsee gibt mir das Gefühl, einer der wenigen Orte zu sein, an denen der Mensch sich der Natur demütig beugen muss. Die Gezeiten scheren sich nicht darum, ob wir gerade eine Wattwanderung machen wollen, mit dem Boot irgendwohin fahren wollen oder sonst irgendwas vorhaben. Die Gezeiten bestimmen, was wann geht.
Um sich orientieren zu können, gibt es einen Gezeitenkalender, in dem steht, wann Wasserhöchst und Niedrigstand sind. Und danach richten sich dann auch Abfahrtszeiten für die Wattkutschen oder die Zeiten für Wattwanderungen.
Ob das in unsere Planungen hinein passt, das fragen Ebbe und Flut nicht. Hier bestimmt die Natur noch den Lauf der Dinge.
Und ich finde das faszinierend. Wenn ich in Südfrankreich am Meer bin, geh ich hin und das Meer ist da. Will ich an der Nordsee baden, muss ich erst mal schauen, wann das Wasser überhaupt da ist und wann es evtl. wieder kommt. Denn auch das birgt Gefahren. Auch hier fragt das Meer nicht, ob ich noch nicht fertig bin mit baden oder mit wandern im Watt. Ich habe mich an der Natur zu orientieren.
Ich habe das schon als Kind gelernt und erinnere mich noch an die Fernsehserie Nesthäkchen. Da wird das Nesthäckchen Annemarie, das zu der Zeit auf Amrum lebt, eines Abends von der Flut überrascht, weil sie im Spiel im Watt zu weit hinaus gelaufen sind. Da geht es nochmal gut. Andere hatten weniger Glück und sind in der Flut umgekommen.
Sich die Erde untertan machen, wie es der Anfang der Bibel uns aufträgt, das haben wir an vielen Stellen getan. Manchmal mit mehr, manchmal mit weniger schlimmen Folgen: Wenn wir Flußläufe verändert haben, so dass die Flüsse keine Möglichkeit mehr haben, auszuweichen und das Land drum rum überschwemmen. Oder wie beim Eidersperrwerk, wenn Mensch und Natur in Einklang miteinander leben.
Und dann lese ich, dass die Stadt München Verbote von Klimaaktionen erlässt. Gleichzeitig kämpft sie wie viele andere Großstädte mit den Folgen menschlicher Rücksichtslosigkeit. Smog, Feinstaubbelastung, Lärmbelastung. Und ich frage mich, was muss noch alles passieren, damit wir zur Besinnung kommen? Aus der Flutkatastrophe im Ahrtal scheinen wir eher wenig gelernt zu haben. Natürlich gibt es in der Klimafrage keine einfachen Antworten, kaum schnelle Antworten. Und natürlich braucht es Kompromisse. Es wäre schon viel geholfen, wenn wir aufhören würde, existentielle Fragen für parteipolitischen Spielchen zu missbrauchen. Beim Klima und der Zukunft des Planeten geht es nicht um Rot, grün, schwarz oder gelb…da geht es nur um rot, um die Farbe des Blutes. Denn in unseren Adern fließt das gleiche Blut.
Peter Maffay singt es ganz richtig: Wir müssen uns beeilen, die Welt ist wunderbar. Da geht es nicht um rechts und links, da geht es nur darum, dass wir alle Menschen sind und leben wollen. Heute und auch in einer fernen Zukunft, die ich nicht mehr erleben werde, in der meine Kinder aber sehr wohl noch leben müssen.
An der Nordsee kann man die Majestät der Natur in der Weite des Meeres, im Wechselspiel von Ebbe und Flut auf der einen Seite und die Kompromisslosigkeit der Natur auf der anderen Seite erleben. Macht euch die Erde untertan heißt dort nur eines: richte dich nach der Natur, lebe mit ihr im Einklang, oder sie wird dein Untergang sein.
Für diese Woche wünsche ich euch habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche, für die kommende sorgen wir später.
Abendgebet am 26.07.2023
Impuls für die Woche 26.07.2023
Vor einer Woche war Erwin Pelzig beim Rödentaler Sommer auf der Bühne. Wer ihn kennt, weiß, dass er gewohnt bissig das Zeitgeschehen kommentiert. Das hat er auch in Rödental getan. Am Ende kam er nach Zugabe-Rufen auf die Bühne zurück und meinte: bei mir gibt es keine Zugaben, das hab ich noch nie gemacht. Ich hätte aber eine Ergänzung.
Und die hatte es in sich. Denn er ging ganz leise und ruhig auf ein Thema an, von dem er der Meinung ist, dass es uns in der Zukunft als einzige Chance noch bleibt: die Freundlichkeit. Ich finde das eine starke Botschaft, die so banal klingt. Doch ich ahne, dass es in Zukunft die banalen Dinge sind, die wichtig werden. Und die werden sich als gar nicht so banal herausstellen.
Denn Freundlichkeit stellt an uns alle Anfragen, auch an uns als Kirche. Wie freundlich sind wir denn wirklich? Und was ist Freundlichkeit? Und was gehärt zur Freundlichkeit? In der Philosophie ist es die Mitte zwischen dem, der allen gefallen will und dem, der ständig Streit sucht. Aritoteles schreibt: „Der Freundliche begegnet seinem Gegenüber liebenswürdig und bringt ihm das Interesse entgegen, das ihm gebührt. Er nimmt Rücksicht auf andere und versucht sich so zu benehmen, dass niemand Anstoß an ihm nimmt. Im allgemeinen also gilt, wie gesagt, dass er im Verkehr sich auf die rechte Art verhalten wird.““
Damit ist alles gesagt. Rücksicht nehmen, also anderen die eigene Meinung nicht einfach ironisch oder respektlos um die Ohren hauen. Da merke ich wieder, wie wichtig, das grade auf social media ist. Diese Sache ist auch das Zentrum der Botschaft Jesu. Jesus hat das anders formuliert: liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Und damit hat er einen besonderen Kniff noch mit hinein gelegt. Freundlichkeit geht nicht nur mein Gegenüber an. Es geht auch mich selbst an. Ich soll freundlich zu mir selber sein. Freundlich zu mir selber sein heißt dann: was brauche ich, damit es mir gut geht und damit ich das bin, was ich unter glücklich verstehe? Wenn ich weiß, was ich brauche, dann ist die Frage, wie ich das bekomme. Sich darüber Gedanken zu machen, damit wäre schon viel gewonnen. Denn wir alles haben oft anderes gelernt. Kleine Beispiel: den eigenen Willen haben wir verhöflicht, indem aus einem „ich will bitte“ ein „ich möchte bitte“ geworden ist. Angeblich ist das höflicher, im Konjunktiv zu reden. In Wahrheit machen wir uns selbst damit klein. Und das hat mit Freundlichkeit und Respekt nichts zu tun. An Kindern sehen wir das: der Urinstinkt ist, dass ein Kind kommt und sagt: Ich will noch aufbleiben. Erst unser Eingreifen macht daraus aus: ich möchte bitte noch aufbleiben. Wir wird der erste Satz höflich? Durch das „bitte“. Der Konjunktiv mag die Höflichkeitsform sein. Doch eine Bitte ist keine Frage, eine Bitte ist eine Bitte. „Kann ich bitte noch ein Bier haben“ ist keine höfliche Bitte, das ist eine Frage. Manche schieben noch nach: wenn es keine Umstände macht. Ja will ich jetzt ein Bier oder will ich keines? Oder will ich nur eines, wenn es keine Umtände macht?
Ich kann freundlich sein, ohne dass ich mich verstecken muss. Ich kann freundlich sein und das erreichen, was ich will, ohne das sich dabei jemand überrumpelt fühlen muss und ohne, dass ich mich bis zur Unkenntlichkeit klein mache. Wenn wir gesehen werden wollen, dann müssen wir uns auch zeigen. Das beginnt in unserer Art zu sprechen.
Die Freundlichkeit beginnt also im eigenen Kopf. Ich bin freundlich zu mir und überlege mir, was ich will. Ich bin freundlich zu anderen, in dem ich freundlich und doch klar sage, was ich meine und will. Es liegt dann an der Freundlichkeit der andere, wie das Gespräch weiter geht.
Der Sommer ist eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken. Seid freundlich zu einander. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.
In diesem Sinn wünsche ich euch einen schönen Sommer. Habts Zuversicht und bleibts gesund und dann sehen wir und Ende August wieder.
Impuls für die Woche 19.07.2023
Eine sehr wichtige Frage, die ich mir seit einigen Jahren mit immer größerem Erfolg stelle ist die Frage: wem gehört das Problem? Ich habe neulich auf Instagram ein kleines Video gesehen, da hieß es in einem Song: Das ist ein Du-Problem und kein Ich-Problem.
Jeder ist für sein Leben, seine Laune, seine Stimmung, seinen Erfolg im Leben selbst verantwortlich. Wir tun immer gerne so, als seien andere dafür verantwortlich, dass das Leben grade so mies läuft. Auf der Arbeit ist es der Chef, zu Hause der Partner, im Leben allgemein die Regierung, die Krichenleitung. Das ist wunderbar einfach. Andere sind für mein Leben und meine Laune verantwortlich, dann brauche ich auch nichts dagegen tun.
Doch das Gegenteil ist der Fall. Jeder ist für sein Leben selbst verantwortlich. Wir sind dem Leben, unserer Laune, niemandem hilflos ausgeliefert. Manchmal braucht es zugegebenermaßen viel Mut, um etwas zu verändern.
Doch ich bin nicht für die Laune meiner Partnerin verantwortlich. Selbst wenn ich grantig bin, hat sie immer noch die Wahl, sich auf meine Grantelei einzulassen oder sich davon abzugrenzen.
Auch mein Chef trägt keine Verantwortung. Er sorgt in der Regel dafür, dass die Arbeit zum Wohl der Firma vernünftig getan werden kann. Wenn mir das nicht passt, dann gibt es dafür Gründe. Oft liegen sie meiner Erfahrung nach drin, dass die Dinge anders laufen, als ich das bisher gewohnt war, als ich das für richtig halte.
Ich habe es in den letzten Wochen immer wieder erlebt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich gegen Veränderungen sträuben. Die einen wollen die immer gleiche Diskussion immer wieder führen, die anderen bringen die immer gleichen Argumente an, die schon im letzten Gespräch beiseite gelegt worden sind. Davon kann ich mich nerven lassen. Oder ich kann das gelassen sehen.
Immer öfter kann ich es gelassen sehen, denn es sind Du-Probleme und keine Ich-Probleme. Diese Probleme gehören nicht mir, sondern den anderen Personen. Ich weigere mich, sie zu meinen zu machen oder machen zu lassen.
Wenn andere nicht einsehen oder verstehen wollen, dann ist das deren Problem. Das weiß auch die Bibel. An vielen Stellen ist da von der Verantwortung des einzelnen die Rede. Im Galaterbrief heißt es beispielweise: „Jeder achte genau auf sein eigenes Leben und Handeln, ohne sich mit anderen zu vergleichen. Schließlich ist jeder für sein eigenes Verhalten verantwortlich.“
Ich entscheide, was in meinem Leben eine Rolle spielt und was nicht. Ich entscheide, wem ich die Macht geben, Einfluss zu nehmen auf meine Laune, auf mein Wohlergehen. Denn es ist mein Leben. Lasse ich andere entscheiden oder mache mich in meiner Laune von ihnen abhängig, gebe ich Ihnen Macht über mein Leben. Gott will anderes für mich, nämlich ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung.
Für diese Woche wünsche ich euch: habts Zuversicht und bleibts gsund, nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.
Abendgebet vom 12.07.2023 jetzt auf YouTube
Impuls für die Woche 12.07.2023
Heute geht es um einen Satz, der mir in den letzten Tagen wichtig geworden ist. Ich bin so ein Mensch, der sich oft denkt: eigentlich müsste ich…da liege ich im Garten und denke mir: hm die Taufe ist noch nicht fertig, eigentlich müsste ich…oder diese email wartet noch auf eine Antwort. Vor ein paar Wochen ist mir dazu ein Satz begegnet, den ich ebenfalls kenne und den ich neu gelesen habe: einen Scheiß muss ich. Das hab ich ein paar Wochen mit mir herum getragen. Dann kam der Kirchentag mit seinem Motto „Jetzt ist die Zeit“. In diesem Satz steckt viel Dynamik. Jetzt ist die Zeit für Veränderung, denn wir leben ja in einer Zeitenwende, so heißt es immer. Doch ist das so? In dem Satz steckt nämlich so viel mehr.
Jetzt ist die Zeit auszuruhen. Jetzt ist die Zeit zurück zu stecken. Jetzt ist die Zeit inne zu halten. Dieser Satz will gestaltet werden und darin gibt er Freiheit. Verkürzen wir ihn auf die Aufbruchsstimmung – wenn es denn eine gibt – dann nehmen wir ihm seinen Reichtum. Und darin ist er mir wertvoll geworden. Jetzt ist die Zeit stammt aus dem Markusevangelium. Da heißt es: Nachdem Johannes gefangen genommen worden war, ging Jesus nach Galiläa und verkündete die frohe Botschaft Gottes. Er sprach: „Jetzt ist die Zeit: Gottes gerechte Welt ist nahe. Kehrt um und vertraut der frohen Botschaft!“
Jetzt ist die Zeit, nicht gestern, nicht morgen. Es geht ums heute. Wofür ist jetzt gerade die Zeit? Mir taugt der Satz vor allem deshalb besser, weil in dem Satz „Einen Scheiß muss ich“ Widerstand steckt. Ich wehre mich gegen etwas. Während ich mit dem Gedanken „Jetzt ist die Zeit“ mir die Freiheit nehme, zu entscheiden, wofür gerade die Zeit ist. Zum zurücklehnen und ausruhen oder zum durchpowern? Beides hat seine Berechtigung. Wenn eines davon die Überhand gewinnt, und das ist ja oft beim Durchpowern der Fall, dann kommen wir in eine Schieflage.
Und es gibt noch eine zweite Botschaft: Jetzt ist die Zeit, Gottes gerechte Welt ist nahe. Mir macht das Mut. So oft erleben wir die Welt als ungerecht. Wird es im Rammstein-Skandal Recht gegen für die Frauen und auch für die Band bzw. Till Lindemann? Jetzt ist die Zeit…angeblich erleben wir eine Zeitenwende. Vielleicht sind wir es auch nur nicht gewohnt, dass sich die Dinge so schnell und manchmal radikal verändern wie sie es derzeit tun. Vielleicht liegt das daran, dass unser System eben jetzt beginnt, nicht mehr zu funktionieren. Und es bröckelt dann nicht mal hier und mal da, nein es läuft Gefahr an allen Ecken und ende zu explodieren. Ob das eine Zeitenwende ist? Ich habe da so meine Zweifel.
Dennoch: jetzt ist die Zeit. Wofür ist bei euch jetzt die Zeit? Was steht bei euch an, was wollt ihr angehen? Was soll sich verändern? Welche Gelegenheit wollt ihr beim Schopf packen? Wofür ist jetzt der richtige Augenblikck?
Wenn man am Strand im rechten Moment für den perfekten Sonnenuntergang da ist und keine Wolke die Sonne verhüllt. Wenn jemand beim Bewerbungsgespräch ganz plötzlich etwas sagt, was das Auswahlgremium unerwartet für ihn gewinnt. Geburten. Oder der erste Kuss einer jungen Liebe. Oder eine plötzlich super Idee in einer vertrackten Situation. Momente, wie bei Momo in Michael Endes Roman, wenn sie es geschafft hat, die alten Freunde wenigstens kurz mit Blicken, Fragen, Berührungen herauszuholen aus der Zeitnot. Momente die es zu sammeln gilt, wie das Werner Schmidbauer in seinem Song „Momentsammler“ singt.
Jetzt ist der Zeit, das ist der Moment, in dem die Zeit still zu stehen scheint und wir etwas verstehen. Oder in dem wir inne halten und Kraft tanken.
Sammelt solche Momente, fangt den Kairos, den rechten Moment ein, denn jetzt ist die Zeit. Jetzt ist deine Zeit. Nutze sie für dich.
Für die kommende Woche…
Abendgebet am 05.07.2023
Impuls für die Woche 05.07.2023
Don´t fight back, fight forward. Schlag nicht zurück, kämpfe nach vorne, könnte man sagen. Ein Baseballtrainer sagte einmal: Ich halte Ausschau nach einem Spieler, der den Mut hat, nicht zurück zu schlagen. Ein Athlet mit der inneren Stärke, um Feindseligkeit und Aggression widerstehen zu können. Jemand, der „nicht zurückschlagen“ als Stärke betrachtet.
Das habe ich vor ein paar Wochen in einem Impuls erwähnt. Doch es ist mir zu wichtig, als dass es nur als Randnotiz taugt.
Kämpfe nach vorne…das heißt, schau nach vorne und nicht zurück. Natürlich gehört unsere Vergangenheit zu uns. Sie hat uns zu dem gemacht, was wir sind. Sie hat uns der oder die werden lassen, die wir sind. Sie hat uns Erkenntnisse gewinnen lassen, die uns verändert haben. Ich möchte viele dieser Erkenntnisse nicht missen. Klar, auf einige hätte ich im Nachgang gerne verzichtet, weil ich einige ziemlich dumme Sachen gemacht habe. Doch das nützt nichts. Diese Dinge sind passiert, sie sind Teil meines Lebens und sie gehören zu mir. Sie machen mich aus und ich habe aus ihnen gelernt.
Ich leben heute in einer sehr entspannte Partnerschaft. Ich darf sein, wie ich bin, meine Partnerin darf ebenso sein wie sie ist. Früher konnte man es mir schwer recht machen, weil ich es mir selbst nicht recht machen konnte. Heute weiß ich, was ich will und brauche und was ich nicht mehr will und nicht mehr brauche. Und ich weiß, was ich in dieser Partnerschaft habe und bekomme. Und ich weiß es entsprechend zu schätzen.
Don´t fight back, fight forward. Für mich heißt das, dass es sich nicht lohnt, gegen das anzukämpfen, was einmal war. Das was war ist wie es gewesen ist und ich ändere es nicht. Ich kann jedoch daraus lernen und dafür kämpfen, dass ich die Zukunft so gestalte, wie sie mir gerecht wird. Das entspannt sehr, denn gegen Dinge anzukämpfen, die ich nicht mehr ändern kann oder mich über Dinge zu ärgern, die in der Vergangenheit leben lähmt und frustriert. Es kostet Kraft, um die Gegenwart und Zukunft zu gestalten.
Alles hat seine Zeit ist wohl einer der klügsten Sätze der Bibel. Dazu stelle ich heute einen Satz von Jesus: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? “ Das heißt: macht euch keine Sorgen. Was auch immer kommt, euer himmlischer Vater sorgt für euch. Mir hilft das immer wieder, wenn mal was aus der Vergangenheit meint, es braucht grade viel Aufmerksamkeit und an mir herum stichelt.
Ich lege es dann zur Seite und weise ihm seinen Platz zu: in meiner Vergangenheit. Ein Teil von mir, der mich der hat werden lassen, der ich heute bin. Das entspannt mich, das löst so manchen Knoten im Bauch.
Don´t fight back, fight forward. Sorge für die Zukunft, die Vergangenheit braucht niemanden mehr, der für sie oder sich um sie sorgt. Sie ist vorbei, auch wenn sie sich gerne noch als Gegenwart aufspielen möchte.
In diesem Sinn wünsche ich euch für die kommende Woche: Habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche, für die kommende sorgen wir später.
Impuls für die Woche 28.06.2023
Um den Rammstein-Skandal treiben die Diskussionen immer wildere Blüten. Seit einigen Jahren kennt man den Begriff „alte weiße Männer“. Das ist ein Begriff für Männer, denen dadurch Rassismus oder Sexismus vorgeworfen wird. Und so ein Beispiel hatten wir vergangene Woche im Fernsehen.
Thomas Stein, früherer Musikmanager und manchen vielleicht aus den ersten Staffeln von Deutschland sucht den Superstar bekannt, zog den Vergleich, dass es ja vlt. um 100 Frauen geht, die bei Rammstein-Konzerten belästigt, missbraucht oder sonst was geworden sind, dass es 300000 Menschen jedoch gut ging. Das zeigt die ganze Perfidität, mit der manche Männer – und ich fürchte, dass es eine ganze Menge Männer sind – an die Thematik herangehen. Und wenn es nur eine Frau wäre, dann ist es eine zu viel.
Diese Denkweise von Männern in ihren 70ern geht einfach nicht. Inzwischen hat er zurückgerudert, doch offenbart diese Aussage, da mag er noch so oft auf die Live-Situation verweisen, eine bestimmte Denkstruktur. Natürlich führt auch er den Umstand der Vorverurteilung an. Es mutet inzwischen fast wie eine Ausrede an. Das ist das Problem von Beschuldigungen von öffentlichen Personen. Auch hier müssen wir uns Gedanken machen, wie auch öffentliche Personen geschützt werden können. Denn die Medienmaschinerie ist vielfältig, umfangreich und entwickelt rasch eine tsunamiartige Aufmerksamkeit. Nicht umsonst heißt es: irgendwas bleibt immer hängen. Die andere Seite: diese Unschuldsvermutung gilt in beide Richtungen. Zur Zeit läuft es so, dass man einem einzelnen Mann glaubt, mehreren Frauen jedoch nicht. Der eine hat viele Fürsprecher, die anderen werden in deine Ecke gestellt. Schon das ist als Phänomen interessant.
Umso wichtiger ist es, dass wir eine Atmosphäre schaffen, in der Täter es möglichst schwer haben und das Wort von Opfern Gewicht hat. Es beginnt jedoch dabei, dass Opfer überhaupt ein Wort haben, dass Gewicht haben kann. Dafür ist eine Atmosphäre der Mitmenschlichkeit und des gegenseitigen Respekts wichtig. Menschen müssen von klein auf lernen, dass sie nein sagen dürfen, dass ein Nein zu respektieren ist, und falls ein Nein übergangen wird, dass man laut werden muss und darf, ohne sich schämen zu müssen. Menschen müssen vom klein auf lernen, dass niemand jemand anderen bedrängen darf und ihn dann auf ein Geheimnis verpflichten darf. Das beginnt wie ich letzte Woche schon sagte gleich nach der Geburt.
In der gleichen Talkshow, in der Thomas Stein seine unsäglichen Aussagen getätigt hat, hat Rita Süßmuth, die ehemalige Präsidentin des deutschen Bundestages, den Fokus in die richtige Richtung gelenkt. Sie meinte, dass es nicht um die Geschlchterfrage gehen kann in dieser Problematik. „Wir müssen mit Wertschätzung für jeden Menschen aus dieser Situation herauskommen. Das geht nur gemeinsam.“ Und so ist es tatsächlich. Es geht um den Umgang, den wir miteinander pflegen. Die Bibel ist voll von Beispielen, wie ein guter zwischenmenschlicher Umgang funktioniert. Der muss entkoppelt werden von der Frage, ob jemand Mann oder Frau, trans oder schwul, lesbisch oder nicht-binär oder sonst was ist. Das spielt keine Rolle. Wir sind alle Menschen und haben das Recht auch als Menschen behandelt zu werden. Da verstehen sich Christen auch mit religionskritischen Philosophen. Immanuel Kant macht das zu seinem Imperativ: Handel so, dass das, was du tust zu einer allgemeinen Handlungsanweisung gemacht werden kann. Oder sprichwörtlich: was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen tu. Oder biblisch: Alles nun, was ihr wollt, das euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!“ Es ist ganz einfach.
Für diese Woche wünsche ich euch: habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.