Impuls für die Woche 27.04.2022

Neulich sagten mir zwei Menschen unabhängig voneinander: ich hasse Menschen. Und mein spontaner Gedanke war: ich kanns verstehen. Die eine Person meinte: wieso halten sich Menschen nicht an ihre Versprechungen. Da ging es um ein Jobangebot, das dann so nach und nach im Sande verlaufen ist, weil da jemand nicht so recht wusste, was er eigentlich wollte. So entstand beim anderen Enttäuschung und Frust.

Ich bin daraufhin nachdenklich geworden, warum ich das Gefühl verstehen konnte. Manchmal hab ich das Gefühl, die ganze Welt spielt verrückt. Dazu passt der Satz eines Kabarettisten: wir leben in einer Erregungsgesellschaft. Und ich dachte: ja das stimmt und ich habe keine Lust mehr, ständig erregt zu werden, mich aufregen zu lassen. Inzwischen vermeide ich, obwohl ich ein politisch interessierter Mensch bin, jede Nachrichten zu allgemeinen politischen Lage. Ich kann es nicht mehr hören und ich will mich zumindest zur Zeit nicht mehr damit befassen, wie Entscheidungen getroffen werden, die nicht nur ich für fragwürdig halte, die gegen alles sprechen, was mir mein gesunder Menschenverstand sagt, die keinen Sinn ergeben.

Dann heißt es oft: man darf sich nicht in alles reinsteigern, man muss gelassen bleiben. Doch das scheint mir immer schwieriger zu werden. Und dann frage ich mich: bin ich es oder sind es die anderen. Und ich komme manchmal zum Ergebnis: es liegt an mir. Und immer öfter – und das stimmt mich nachdenklich: es sind tatsächlich die anderen. Und wenn alles entspannen nicht mehr hilft, dann hilft nur noch vermeiden. Einfach nicht mehr hinhören. Nachrichten nur noch so schauen, lesen oder hören, wie es mir gut tut. Soziale Medien weniger nutzen. Mich rausziehen und das tun, was mir gut tut.

Was ich aus meinen Gedanken und Gefühlen und aus den Äußerungen der zwei Menschen vom Anfang für einen Schluss ziehe, ist einmal mehr, dass ich nur mein Verhalten unter Kontrolle haben. Wie andere sich verhalten, wie sie sich entscheiden, das entzieht sich meiner Kontrolle. Ich kann andere nicht ändern, ich kann nur ändern, wie ich über sie denke oder auf sie reagiere. Es wäre auch vermessen zu denken, alle müssten so denken, reden und handeln, wie ich das für gut halte.

Jesus sagt uns, dass wir geliebte Kinder Gottes sind, dass Gott uns liebt, einfach nur, weil wir seine Kinder sind, ohne dass wir etwas dafür tun müssen.

Und wenn die Welt untergeht oder verrückt spielt: Gott bleibt stabil. Er ist der Fels, auf dem ich sicheren Stand habe.

Ich muss also keine Menschen hassen. Ich brauche jedoch evtl. manchmal einen Plan B.

Für diese Woche wünsche ich euch diesen Plan B, sollte er nötig sein. Und ich wünsche euch: habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.

Impuls für die Woche 13.04.2022

Es ist schon verrückt. An Weihnachten feiern wir das Licht – mitten im Winter. Die Karwoche richtet unseren Blick auf das Dunkle. Auf Unerlöstes – mitten im Frühling. Wenn alles aufbricht, wenn es wieder nauswärts geht. Mein liebster Tag in der Karwoche ist der Karsamstag. Dieser Tag wird so schnell übergangen, dass wir die Tiefe seiner Bedeutung kaum mehr erkennen. Da scheint sich das Leben zu wehren. Wir gehen noch schnell einkaufen, alles scheint für einen Moment wieder normal. Dabei ist gerade an Karsamstag nichts normal. Dieser Tag verkörpert den Moment tiefster Verlorenheit und die Abwesenheit von Hoffnung. So wie der Psalm 88, in dem das Dunkle verharrt und keine Wendung zum Leben mehr findet.

Wenn alles zerrissen ist und nur Scherben vor mir liegen. Wenn ich die Diagnose gehört habe und mein Leben wankt. Wenn meine Arbeit voller Mühen ist und die Kraft nicht mehr reicht, sie zu bewältigen. Wenn die Flucht gelungen ist und das Leben trotzdem nicht Fuß fassen darf.

Gott macht sich all das zu eigen. Kommt hinein. Hält mit aus. Die innere Katastrophe. Die Gegenwart des Todes und seiner Vorboten. Die Zumutungen und Ungerechtigkeiten, die Menschen durch anderen Menschen erleben müssen.

Dort, in diesem unfassbaren Dunkel setzt sich Gott neben uns. Dieser Gott, der Hoffnung ist und Licht, das das Leben ist und für ein besseres Morgen steht.

Dieser Gott, der für Frieden steht im kleinen, in mir und mit meiner Umwelt, und im großen zwischen Völkern.
Dieser Gott lässt alles, was ihn ausmacht, los, um uns da nah sein zu können, wo all das gerade nicht ist. Gott teilt unsere totale Verlassenheit, unser Ausgeliefertsein, unsere Hoffnungslosigkeit. Gott folgt uns dahin, wohin uns niemand sonst folgen kann und mag. So sehr liebt Gott diese unsere Welt.

Gott verzichtet auf den magischen Handstreich, dass sofort oder überhaupt alles gut wird. Das ist für uns manchmal ja so schlimm. Wie kann Gott das denn alles zulassen? Doch Gott schenkt uns aus meiner Sicht etwas viel wertvolleres. Er geht mit uns, er ist bei uns.

Gott kommt einfach zu uns ins Elend. Er ist sich dafür nicht zu fein. Er ist für uns da.

Dieser Gott setzt sich neben mich und hält mit mir aus. Gott ist da.
Ich bin eingeladen, mich anzulehnen. Das ist für mich die entscheidende Botschaft von Ostern. Gott ist da. Jederzeit und immer. Etwas Besseres gibt es für uns nicht. In diesem Sinn wünsche ich euch ein gesegnetes Osterfest mit allem, was dazu gehört. Mit der Stille des Karfreitags, dem Aushalten des Karsamstags und der Fröhlichkeit des Ostersonntags.

Für diese Zeit wünsche ich euch Habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.

 

Impuls für die Woche 06.04.2022

„Sag ‚mal: wen hast du eigentlich lieber…?“ Eine Frage, wie sie häufig Geschwisterkinder stellen… Und die klassische Antwort der Eltern auf die kindliche Angst, zu kurz zu kommen, lautet, dass sie alle ihre Kinder gleich lieb haben. Schließlich wollen sie keines ihrer Kinder bevorzugen. Und zumindest für den Moment hat diese Antwort zumeist überzeugende Wirkung.

Auch in der Schule höre ich öfter den Satz, ich würde ihn oder sie nicht mögen. Spannenderweise sagen das oft Schüler, die ich schätze. Was auch daran liegt, dass selbst die größten Nervensägen Seiten an sich haben, die ich mag. Denn es gibt niemanden, der nichts kann und der nichs liebenswertes an sich hat.

Und trotzdem haben wir wohl oft das Gefühl, wir kommen zu kurz. Wer hat wie viel Einfluss? Wer hat welche Position? Diese Frage beschäftigt uns oft.

Auch Jakobus und Johannes hat diese Frage beschäftigt. Sie bitten Jesus, dass er sie in der Ewigkeit rechts und links neben sich sitzen lässt. Welch eine mutige Bitte mag der eine denken: Was bilden die sich denn ein, wie egoistisch der andere.

Es ist ein zutiefst menschliches Verlangen. Etwas gelten wollen, anerkannt, wertgeschätzt werden wollen. Was Johannes und Jakobus da tun, erinnert mich an das „Sag ‚mal Ja!“ eines Kindes – um dann hinterher erst mit der Frage herauszurücken. Die beiden rechnen also schon mit einer abschlägigen Antwort… und versuchen es trotzdem! Und sie sind durchaus bereit, dafür einen hohen Einsatz zu bringen. Ob sie geahnt haben, um welch hohen Preis es für sie bei der Nachfolge Jesu gehen würde?!

Und Jesus? Er lässt sie eiskalt auflaufen. Seine Lieblingsjünger…Jesus macht ganz deutlich, dass bei Gott andere Maßstäbe gelten als in der Gesellschaft. Er nimmt damit auch den anderen Jüngern den Wind aus dem Segel, als die mitbekommen, was da läuft.

In Gottes „Firma“ geht es nicht um größtmöglichen (persönlichen) Profit, womöglich auf Kosten anderer, sondern um den gemeinsamen Gewinn aller. Weil unserem „Chef“ seine Geschöpfe alle gleichermaßen kostbar sind, denkt und handelt er selbst nicht elitär, – und erwartet dasselbe auch von seinen MitarbeiterInnen. Gott lässt sich nicht bestechen, einschmeicheln ist nicht. Und es ist auch gar nicht nötig. Gottes Messlatte misst uns allein daran, ob wir uns als NachfolgerInnen Jesu ehrlich in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Und das heißt zum Beispiel für die einen, zu akzeptieren, dass ab sofort jeder selbst aufgefordert ist, zu entscheiden, wo trage ich Maske und halte Abstand und wo geht es anders. Und für die anderen heißt es, zur Kenntnis zu nehmen, dass ganz ohne im Moment noch etwas voreilig ist.

Wer die Gemeinschaft mit Jesus sucht, kommt an der Gemeinschaft mit den Menschen nicht herum. Und zwar mit allen Menschen! Ob sie mir gefallen oder nicht, ob ich sie mag oder nicht.

„Sag ‚mal: wen hast du eigentlich lieber…?“ Gut, dass unser Gott keine Unterschiede macht.

Für diese Woche wünsche ich euch, habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.

Impuls für die Woche 30.03.2022

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein: wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)

Ein hochaktueller Bibelspruch. In den Supermarktregalen gähnen uns die Fächer an mit Leere, wo normalerweise das Mehl steht. Dabei ist so ein Weizenkorn hochergiebig. Aus einem Weizenkorn wächst ein Halm mit zwei bis drei Ähren. Die ergeben zusammen ca. 120 Körner: Aus eins wird 120. Und wenn ich die 120 aussähe, ergeben sie schon 14.400. Und wenn wir das weiter fortsetzten, erhalten wir irgendwann ein ganzes Weizenfeld. Säen wir genug davon, wir hätten ziemlich schnell genug für alle. Das ist ja überhaupt ein spannender Gedanke: wie lösen wir das Nahrungsmittelproblem für die ganze Welt. Dabei ist Hunger gar kein so großes Problem, wenn Regierungen dafür sorgen würden, dass Nahrung auf der ganzen Welt gerecht verteilt würde. Wenn Nahrungsmittel gerecht bezahlt würden.

Dann bräuchte es keine Fernsehserien wie in meiner Kindheit Patrick Pacard. Ein Junge, dem ein Spion die Formel eines idealistischen Forschers auf die Fußsohle brennt. Es ist die Formel für ein Verfahren, das die Erbanlagen von Pflanzen verändern kann und so auch aus unfruchtbarem Boden in enormer Höhe oder in der Wüste Nahrung wachsen lässt. Dadurch könnte der Hunger auf der Erde beendet werden. Wer aber die Formel besitzt, könnte damit die Welt beherrschen. Natürlich sind alle auf diese Formel scharf und schon wird aus einem unschuldigen 15-jährigen ein gejagter, begehrter Teenager.

So ein kleines Weizenkorn, das stirbt, bringt viel Frucht im wahrsten Sinn des Wortes. Diese Zeiten lehren uns die einfachen Dinge, die auch den Menschen zur Zeit der Bibel und davor geläufig waren. Wir mögen zum Mond fliegen können, doch wenn es um solch einfache Wahrheiten geht, sind wir genauso schlau wie die alten Hebräer.

Und ich frage mich: wie kann ich diesen Spruch in die Tat umsetzen? Hilft es den Bauern in Äthiopien oder Peru wirklich, wenn ich fair gehandelte Produkte kaufe? Oder ein Patenkind in Indien unterstütze? Ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es gibt so viele Kinder, die auf sich allein gestellt sind, hungern müssen, keine Ausbildung erhalten oder sogar an Hunger sterben.

Und ich – ich bin ein Mensch unter sieben Milliarden, ohne großen Einfluss, ohne viel Macht.

Ich schaue mir noch einmal dieses kleine Korn an und mache mir klar: Es ist entstanden, weil es ein anderes winziges Korn gab, dass jemand in die Erde gelegt hat. Daraus erwuchsen ein Halm und schließlich eine Ähre. Und diese stand zwischen vielen anderen. Ich sehe ein ganzes Feld vor mir. Und bei jedem leichten Wind wiegen die Ähren hin und her.

Ein Feld mit unzähligen Ähren. Wäre dieses kleine Körnchen in dem Glas geblieben, wäre nichts passiert. Erst nachdem es in die Erde gekommen ist, sich hingegeben hat, konnte es sich verwandeln und entfalten.

Mich ermutigt das. Ich bin nicht alleine. Da gibt es viele, viele andere mit mir. Da gibt es viele, die fair gehandelten Produkte kaufen, immer mehr auf Plastiktüten verzichten, Patenkinder in der großen Welt unterstützen. Da gibt es viele, die für Nahrung und Bildung sorgen. In diesen vielen blüht etwas auf von der Liebe Jesu, von einer Liebe, die den Tod überwindet.

Ich möchte mich nicht kleiner machen als ich bin. Ein Korn, eine Ähre, ein ganzes Feld – dieses Bild nehme ich mit.

Für diese Woche wünsche ich euch: Habt´s Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.

 

 

 

 

 

Impuls für die Woche 23.02.2022

Aufgeben – Elia kann nicht mehr. Er erlebt eine Nullpunktsituation. Gerade hat er noch wie kein anderer Prophet vor ihm für seinen Gott gekämpft. 450 Baalspriestern ist er gegenübergetreten, hat sein Volk auf wunderbare Weise überzeugen können, zu dem Gott ihrer Väter umzukehren. Für ihn hat er sich die Hände schmutzig gemacht, mit seiner Hartnäckigkeit hat er ihn dazu bewegen können, es nach langer Zeit endlich wieder regnen zu lassen über Israel. Sein Volk, sein König müssten ihm dankbar sein. Doch König Ahab war immer noch blind vor Liebe und hatte ihn an seine Gemahlin und Baalsanhängerin Isebel verraten. Die sann auf Rache und trachtete nun nach seinem Leben. Elia flieht. Und ist am Ende seiner Kräfte. Er sucht die Einsamkeit, wie ein angeschlagenes Tier, dass sich zum Sterben zurückzieht. Sein Urteil über sich selbst ist vernichtend: „ich bin nicht besser als meine Väter … Es ist genug … so nimm nun, HERR, meine Seele …“

Aufgeben – keine Kraft mehr – erschöpft – ausgepowert. Burnout-Syndrom nennt man so etwas heute immer noch. Man hat sich engagiert, sich reingekniet, vollen Einsatz gezeigt, alles gegeben und Leib und Seele bis an die Grenzen der Belastbarkeit – und vielleicht auch darüber hinaus – gefordert. Und dann ist auf einmal Schluss. Nichts geht mehr, rien ne va plus, game over. Immer mehr Menschen unserer Gesellschaft bekommen das zu spüren. Erschöpfungsdepression. War das früher v.a. Managern vorbehalten, sind heute fast alle Berufsgruppen betroffen. Besonders Frauen haben unter dem Stress, zwischen Familie und Beruf hin- und herjonglieren zu müssen, zu leiden. Gerade Beschäftigte aus helfenden Berufen sind stark gefährdet. Und das, wo wir sie ganz besonders brauchen. Ob in der Pflege, Krankenhäuser, oder der Seelsorge.

Zusätzlich zu den alltäglichen Herausforderungen gesellen sich andere: Corona und jetzt der unsägliche Krieg in der Ukraine. Nullpunktsituationen, Erfahrungen des Aufgebenwollens, der Erschütterung aller Sicherheiten. Kein Boden mehr unter den Füßen.

Wir leben in einer Welt, die uns ständig fordert: körperlich wie seelisch. Und nicht selten lebensbedrohlich! In so einer Situation erfährt Elia den Beistand seines Gottes. Er macht nicht viele Worte, sondern hilft ihm mit seiner fürsorglichen Zuwendung. Da sind keine Vorhaltungen, keine Zurechtweisungen, keine Besserweisserei, auch kein „das wird schon wieder“ oder „ist doch gar nicht so schlimm“. Kein „jetzt reiß dich mal zusammen.“ Elias Gefühle werden ernst genommen, nicht einfach weggewischt oder wegdiskutiert.

Ich frage mich: Wovon leben wir in dieser pausenlosen Zeit, in unserer unaufhaltsamen Gesellschaft, in dieser unaufhörlichen Inanspruchnahme, an diesen friedlosen Orten?

Jesus sagt im Johannesevangelium, er sei das Brot des Lebens. Und an anderer Stelle: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Mt 11,28) Im Grunde genommen sollten alle Kirchen Naherholungszentren sein. Denn hier findet der Mensch, was er draußen vermisst: Zeit, weil die Zeit in Gegenwart des ewigen Gottes keine Rolle spielt; Ruhe, weil hier von niemandem etwas erwartet wird; Entlastung, weil man alles fallen lassen kann; Das wünsche ich euch für diese Woche, nur für diese Woche. Entlastung. Habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.