Aufgeben – Elia kann nicht mehr. Er erlebt eine Nullpunktsituation. Gerade hat er noch wie kein anderer Prophet vor ihm für seinen Gott gekämpft. 450 Baalspriestern ist er gegenübergetreten, hat sein Volk auf wunderbare Weise überzeugen können, zu dem Gott ihrer Väter umzukehren. Für ihn hat er sich die Hände schmutzig gemacht, mit seiner Hartnäckigkeit hat er ihn dazu bewegen können, es nach langer Zeit endlich wieder regnen zu lassen über Israel. Sein Volk, sein König müssten ihm dankbar sein. Doch König Ahab war immer noch blind vor Liebe und hatte ihn an seine Gemahlin und Baalsanhängerin Isebel verraten. Die sann auf Rache und trachtete nun nach seinem Leben. Elia flieht. Und ist am Ende seiner Kräfte. Er sucht die Einsamkeit, wie ein angeschlagenes Tier, dass sich zum Sterben zurückzieht. Sein Urteil über sich selbst ist vernichtend: „ich bin nicht besser als meine Väter … Es ist genug … so nimm nun, HERR, meine Seele …“
Aufgeben – keine Kraft mehr – erschöpft – ausgepowert. Burnout-Syndrom nennt man so etwas heute immer noch. Man hat sich engagiert, sich reingekniet, vollen Einsatz gezeigt, alles gegeben und Leib und Seele bis an die Grenzen der Belastbarkeit – und vielleicht auch darüber hinaus – gefordert. Und dann ist auf einmal Schluss. Nichts geht mehr, rien ne va plus, game over. Immer mehr Menschen unserer Gesellschaft bekommen das zu spüren. Erschöpfungsdepression. War das früher v.a. Managern vorbehalten, sind heute fast alle Berufsgruppen betroffen. Besonders Frauen haben unter dem Stress, zwischen Familie und Beruf hin- und herjonglieren zu müssen, zu leiden. Gerade Beschäftigte aus helfenden Berufen sind stark gefährdet. Und das, wo wir sie ganz besonders brauchen. Ob in der Pflege, Krankenhäuser, oder der Seelsorge.
Zusätzlich zu den alltäglichen Herausforderungen gesellen sich andere: Corona und jetzt der unsägliche Krieg in der Ukraine. Nullpunktsituationen, Erfahrungen des Aufgebenwollens, der Erschütterung aller Sicherheiten. Kein Boden mehr unter den Füßen.
Wir leben in einer Welt, die uns ständig fordert: körperlich wie seelisch. Und nicht selten lebensbedrohlich! In so einer Situation erfährt Elia den Beistand seines Gottes. Er macht nicht viele Worte, sondern hilft ihm mit seiner fürsorglichen Zuwendung. Da sind keine Vorhaltungen, keine Zurechtweisungen, keine Besserweisserei, auch kein „das wird schon wieder“ oder „ist doch gar nicht so schlimm“. Kein „jetzt reiß dich mal zusammen.“ Elias Gefühle werden ernst genommen, nicht einfach weggewischt oder wegdiskutiert.
Ich frage mich: Wovon leben wir in dieser pausenlosen Zeit, in unserer unaufhaltsamen Gesellschaft, in dieser unaufhörlichen Inanspruchnahme, an diesen friedlosen Orten?
Jesus sagt im Johannesevangelium, er sei das Brot des Lebens. Und an anderer Stelle: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Mt 11,28) Im Grunde genommen sollten alle Kirchen Naherholungszentren sein. Denn hier findet der Mensch, was er draußen vermisst: Zeit, weil die Zeit in Gegenwart des ewigen Gottes keine Rolle spielt; Ruhe, weil hier von niemandem etwas erwartet wird; Entlastung, weil man alles fallen lassen kann; Das wünsche ich euch für diese Woche, nur für diese Woche. Entlastung. Habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.