Kinder, wie die Zeit vergeht. Das dachte ich heute. Recht banal hab ich in einem Kundenaccount nachgeschaut, wie lange ich ein Gerät schon habe und war erstaunt, dass es tatsächlich schon 5 Jahre sind. Ich bin ins nachdenken gekommen. Die Corona-Pandemie ist auch schon wieder 2 Jahre her. Seit einem Jahr sind alle Maßnahmen aufgehoben. Dieses Jahr sind Kirchenvorstandswahlen, d.h. sechs Jahre mit dem jetzigen Kirchenvorstand sind fast vorbei.
Tempus fugit, sagte der Lateiner, time flies, die Zeit fliegt. Dabei weiß doch jeder Schüler, dass das nur in den Ferien stimmt. Die vergehen immer wie nix und die Schulzeit zieht sich wie Kaugummi.
Die Bibel hat viel zur Zeit zu sagen. Wir sollen sie auskaufen, also nutzen, genießen. Der Prediger spricht davon, dass alles seine Zeit hat. Der Psalmist weiß seine Zeit in Gottes Hand geborgen.
Zeit beschäftigt uns. Oft sagen wir, wir hätten keine. Dabei hat jeder von uns 24 Stunden Zeit pro Tag. Die Frage ist, wieviel wir davon noch zur freien Verfügung haben. Es ist wie mit dem Geld. Von dem, was monatlich reinkommt, ist ein bestimmter Betrag schon verplant. Versicherungen, Miete, Sparen, und so weiter. Ein bestimmter Teil bleibt zur freien Verfügung. Wieviel das ist, hängt einerseits davon ab, wieviel Geld rein kommt und zum anderen, wie wir unser Geld verwenden.
Mit der Zeit ist es komplizierter. Denn mehr wird sie nicht. Es sind jeden Tag genau 24 Stunden, also 1440 Minuten oder 86400 Sekunden. Mehr kommt nicht rein auf unser tägliches Zeitkonto. Wir versuchen Zeit einzusparen, damit wir sie für anderes zur Verfügung haben. Wir machen Dinge effektiver, schaffen uns vlt. manches an, damit wir Dinge auch gleichzeitig machen können, weil ein Gerät für uns kocht, während wir die Wäsche noch zusammen legen.
Wirklich entspannt ist das nicht. Als wirklich entspannt erlebe ich die Dinge, die gemeinhin als Zeitverschwendung gelten. Einfach nur im Garten sitzen und vor mich hinschauen. Das Zwitschern der Vögel genießen, die Sonne, vlt. ein Eis essen dabei. Nachdem ich diesen Satz geschrieben habe, bin ich übrigens tatsächlich ein Eis holen und essen gegangen.
Ich höre oft, dass wir uns mehr Zeit für uns nehmen sollten. Dabei frage ich mich, warum ich mir Zeit nehmen sollte. Ich empfinde es als viel sinnvoller, mir Zeit zu geben. Für mich fühlt sich das so an, als würde ich aus einem Topf mit Zeit ein wenig Zeit herausnehmen und sie mir geben, um jetzt zu baden, ein Eis zu essen, oder ins Kino zu gehen. Wenn ich mir Zeit gebe, dann hat das etwas gönnerhaftes für mich. Für dich auch? Wenn ich mir hingegen Zeit nehme, dann schwingt dabei gleich mit, dass jetzt weniger Zeit übrig ist. Das erhöht für mich den Druck, gut mit der Zeit umzugehen.
Heinrich Böll hat eine kleine Geschichte geschrieben, die wenn auch nur indirekt mit Zeit zu tun hat. Die Geschichte geht so: In den 1960iger Jahren lag am Strand irgendwo am Mittelmeer nachmittags ein Fischer im Schatten und döste gemütlich vor sich hin. Da kam ein Tourist des Weges. Er entdeckte den einheimischen Fischer und wunderte sich darüber, dass er mitten am Tag am Strand herumlag. Schließlich fragte er ihn, was er denn hier tue. „Ich liege hier im Schatten und ruhe mich aus“, antwortete der Fischer.
So fragte der Tourist den Fischer: „Du könntest doch noch einmal mit deinem Boot raus aufs Meer fahren, um noch mehr Fische zu fangen. Die verkaufst du auch auf dem Markt. Bald kannst du dir ein zweites Boot leisten und weitere Fischer einstellen, die für dich fischen.“ Damit hätte der Fischer noch mehr Ertrag. Es könnte ein Boot ums andere dazu kommen. Eine ganze Fangflotte. Alle würden sie Fische für den Fischer fangen. Er wäre bald reich. Der Fischer lauschte dem Mann. Schließlich fragte er ihn: „Und dann? Was mache ich dann?“ „Dann bist du so reich, dass du selbst nicht mehr täglich aufs Meer zum fischen fahren mußt,“ antwortete der Tourist.
Der Fischer grübelte und stellte dieselbe Frage wieder: „Und dann?“
Der Tourist meinte dazu: „Dann kannst selbst bestimmen was du machst. Z.B. am Strand liegen und nichts tun, vor dich hindösen.“
„Na,“ antwortete der Fischer „das tue ich doch jetzt auch schon.“
Für die kommende Woche wünsche ich euch: habt Zuversicht und bleibst gesund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.