Karwoche. Ich finde das immer wieder eine seltsame Woche. Draußen erwacht wieder das Leben und wir durchleben theologisch den Niedergang des Lebens und dessen wiedererwachen. Vom Palmsonntag ausgehend gehen wir den Weg in den Gründonnerstag, ein Abend voller Zweifel und das Aufgefangen sein in einer Gemeinschaft der engsten Vertrauten. Jesus isst mit seinen Jüngern, betet in Gethsemane und macht sich auf den Schweren Weg Richtung Tod. Lieber wäre es ihm, wenn dieser Kelch doch an ihm vorüber gehen könnte. Doch das wird er nicht, das ahnt er an diesem Abend auch und willigt schließlich in seinen Weg ein. Er wird gekreuzigt und am dritten Tag von dem Tod auferweckt.
Diese Wechselbad der Gefühle, die Dynamik von Sterben, Tod, Auferweckung und Leben durchschreiten wir in der Karwoche. Das ist schon auch viel, um es in ein paar Tagen zu durchleben. So seltsam mir diese Woche immer wieder vorkommt, so wichtig ist sie auch. Denn sie zeigt immer wieder: das, was wir da auf instagram, facebook, tiktok oder anderswo geboten werden, ist eben alles andere als die Wirklichkeit. Es sind Ausschnitte, storys, reels aus dem Leben. Sie werden vorbereitet, sind durchdacht.
Das Leben ist selten durchdacht. Das Leben ereignet sich. Es passiert. Und es ist alles andere als gestylt. Es gibt auch keine Codes, mit denen das Leben einfacher wird, so wie Produkte mit Codes von Influencern günstiger werden. Das Leben ist geprägt von Angst, Feigheit, Unzuverlässigkeit: Eigenschaften, die kein gutes Licht auf uns Menschen werfen. Selbst Petrus, der in der Gefolgschaft Jesu als starke Persönlichkeit angesehen wurde, konnte sich dieser Schwächen nicht erwehren. „Ich bin ein Nichtsnutz, ein Versager“, klagt er sich selbst an, nachdem er seinen Herrn und Meister dreimal verleugnet hat und Jesus zum Tod verurteilt worden ist. Im Nachhinein wirkt das Verhalten der Jünger während der schwersten Tage des Erlösers kläglich. Schwächen auch bei sich selbst zu entdecken und wie die Jünger aus Lebenskrisen heraus neue Kräfte zu gewinnen, dazu macht die Karwoche Mut. Es muss nicht alles glatt gebügelt sein, es muss nicht alles glänzen und funkeln. Das Leben ist oft genug anders. Es führt uns manchmal bis in die Hoffnungslosigkeit. „Mit seinem Tod ist alles aus“, gaben sich die Jünger und auch Petrus damals hoffnungslos. Und auch die beiden auf dem Weg nach Emmaus waren keine vor Hoffnung und Mut strotzenden Vorzeigejünger.
Und dennoch hat Jesus sich zu ihnen gesellt. So seltsam mir diese Woche immer wieder vorkommt, so wichtig ist sie auch. Doch an ihrem Ende steht der Halleluja-Ruf, er ist auferstanden.
Die Hoffnung lebt. Immer. Jeden Tag. Auch wenn das Leben anders aussieht als auf instagram, facebook und tiktok. Die Hoffnung lebt…auch für eine Kirche, die mir immer mehr Sorgen macht, die mir immer mehr Stirnrunzeln verursacht.
Mit der Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit im Garten Gethsemane beginnt für Jesus das, was für ihn und uns alle am Ostersonntag im Leben mündet. Doch vorher muss er durch den Tod hindurch. Dass Gott ihn da herausgeholt hat, zeigt mir immer wieder, dass es Hoffnung gibt. Immer.
In diesem Sinn wünsche ich für die kommende Woche: habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.