Da stand er nun, der kleine Mann, mit großen Augen und einem verzweifelten Gesichtsausdruck. Er hatte vergessen, wo seine Flasche abgeblieben war. Doch es hat gereicht, dass es zum Streit mit seiner Mama kam. Denn die hatte verständlicherweise keine Lust, ihm immer hinterher zu laufen. Verzweifelt, weil er nicht mehr wusste, was er sagen sollte, zuckte er mit den Schultern und schluchzte: Erwachsene verstehen uns Kinder einfach nicht.
Ein ganz normaler Konflikt, wie er haufenweise in Familien vorkommt. Ich weiß nicht, wie oft wir als Eltern so einen Konflikt auszutragen hatten. Dieser so normale Konflikt hat mich erinnert an das, was ich seit Jahren erleben. Sprachlosigkeit. Verzweiflung auf beiden Seiten eines Dialogs, misslingende Kommunikation, Achselzucken. Der andere versteht mich einfach nicht…oder wie kann man nur so eine Ansicht haben.
Ich will hier gar keine Schuldzuweisungen machen, die sozialen Medien seien schuld, weil es vor dem PC so einfach sei, sich irgendwas an den Kopf zu hauen. Nein, wir nutzen die sozialen Medien, wir bestimmen die Atmosphäre. Das Medium kann nichts dazu. Es verlangt vielleicht mehr Resilienz von uns durch seine Algorithmen, doch wir haben es in der Hand. Wir sind keine Opfer oder Spielbälle von Algorithmen.
Doch ich habe das Gefühl, wir gehen immer öfter den einfachen Weg. Facebook und Co gaukeln uns vor, wir wären Freunde und solche Ansprüche haben wir dann auch. Doch wenn wir ehrlich sind: die meisten in unserer Freundesliste kennen wir gar nicht. Irgendwie ist es einfacher geworden, sich einfach irgendwas um die Ohren zu schlagen, statt aufeinander zu hören. Manche Diskussionen in den sozialen Medien würden ganz anders ablaufen, säßen wir voreinander. Zugegeben, sie würden vlt auch gar nicht stattfinden, weil wir nie zueinander kämen aus verschiedenen Ecken der Republik.
Mutter und Sohn taten mir ein wenig leid, weil ich beide verstehen konnte. Und weil ich wusste: das müssen die jetzt miteinander ausfechten. Jeder auf seine Weise. Und sie hatten beide recht. Der Junge hatte einfach vergessen, wo die Flasche war. Irgendwie konnte ich das verstehen. Seit der Schule waren ein paar Stunden vergangen. Doch auch die Mutter konnte ich verstehen. Es ist anstrengend, wenn ständig was fehlt und man sich denkt, mit ein wenig Aufmerksamkeit würde so eine Sache doch gar nicht verschwinden.
Vielleicht hätte geholfen, wenn beide einen Schritt zurück gegangen wären. Bis die Emotionen sich gelegt hatten. Und man dann gemeinsam überlegt, wie das war mit der Flasche. Doch wer nicht in so einem Konflikt steckt, tut sich leichter mit solchen Überlegungen als die emotionalisierten Gesprächspartner.
Die Lösung war dann ganz einfach. Die Frage „Wo hast du denn die Flasche nach der Schule hin“, hat meine Aufmerksamkeit geweckt. Ich hatte gesehen, dass die Flasche im Buggy der Schwester gelandet war. Und da war sie auch tatsächlich noch. Das Problem war gelöst, die Emotionen haben noch eine Weile gebraucht.
Mein Fazit: wenn ich merke, der andere versteht mich nicht, bringt es manchmal mehr, aus der Situation zu gehen, als beharrlich dran zu bleiben. Doch ich weiß: diese Weitsicht fehlt mir oft. Ich werde da noch üben.
Wenn es euch genauso geht wünsche ich euch die Kraft und Geduld, mit zu üben. Für diese Woche wünsche ich euch: habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.