„Sag ‚mal: wen hast du eigentlich lieber…?“ Eine Frage, wie sie häufig Geschwisterkinder stellen… Und die klassische Antwort der Eltern auf die kindliche Angst, zu kurz zu kommen, lautet, dass sie alle ihre Kinder gleich lieb haben. Schließlich wollen sie keines ihrer Kinder bevorzugen. Und zumindest für den Moment hat diese Antwort zumeist überzeugende Wirkung.
Auch in der Schule höre ich öfter den Satz, ich würde ihn oder sie nicht mögen. Spannenderweise sagen das oft Schüler, die ich schätze. Was auch daran liegt, dass selbst die größten Nervensägen Seiten an sich haben, die ich mag. Denn es gibt niemanden, der nichts kann und der nichs liebenswertes an sich hat.
Und trotzdem haben wir wohl oft das Gefühl, wir kommen zu kurz. Wer hat wie viel Einfluss? Wer hat welche Position? Diese Frage beschäftigt uns oft.
Auch Jakobus und Johannes hat diese Frage beschäftigt. Sie bitten Jesus, dass er sie in der Ewigkeit rechts und links neben sich sitzen lässt. Welch eine mutige Bitte mag der eine denken: Was bilden die sich denn ein, wie egoistisch der andere.
Es ist ein zutiefst menschliches Verlangen. Etwas gelten wollen, anerkannt, wertgeschätzt werden wollen. Was Johannes und Jakobus da tun, erinnert mich an das „Sag ‚mal Ja!“ eines Kindes – um dann hinterher erst mit der Frage herauszurücken. Die beiden rechnen also schon mit einer abschlägigen Antwort… und versuchen es trotzdem! Und sie sind durchaus bereit, dafür einen hohen Einsatz zu bringen. Ob sie geahnt haben, um welch hohen Preis es für sie bei der Nachfolge Jesu gehen würde?!
Und Jesus? Er lässt sie eiskalt auflaufen. Seine Lieblingsjünger…Jesus macht ganz deutlich, dass bei Gott andere Maßstäbe gelten als in der Gesellschaft. Er nimmt damit auch den anderen Jüngern den Wind aus dem Segel, als die mitbekommen, was da läuft.
In Gottes „Firma“ geht es nicht um größtmöglichen (persönlichen) Profit, womöglich auf Kosten anderer, sondern um den gemeinsamen Gewinn aller. Weil unserem „Chef“ seine Geschöpfe alle gleichermaßen kostbar sind, denkt und handelt er selbst nicht elitär, – und erwartet dasselbe auch von seinen MitarbeiterInnen. Gott lässt sich nicht bestechen, einschmeicheln ist nicht. Und es ist auch gar nicht nötig. Gottes Messlatte misst uns allein daran, ob wir uns als NachfolgerInnen Jesu ehrlich in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Und das heißt zum Beispiel für die einen, zu akzeptieren, dass ab sofort jeder selbst aufgefordert ist, zu entscheiden, wo trage ich Maske und halte Abstand und wo geht es anders. Und für die anderen heißt es, zur Kenntnis zu nehmen, dass ganz ohne im Moment noch etwas voreilig ist.
Wer die Gemeinschaft mit Jesus sucht, kommt an der Gemeinschaft mit den Menschen nicht herum. Und zwar mit allen Menschen! Ob sie mir gefallen oder nicht, ob ich sie mag oder nicht.
„Sag ‚mal: wen hast du eigentlich lieber…?“ Gut, dass unser Gott keine Unterschiede macht.
Für diese Woche wünsche ich euch, habts Zuversicht und bleibts gsund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.