Gebote, Regeln, Maßnahmen, Verhaltensvorschriften … Davon haben wir doch schon genug. Auf so vieles sollen wir Rücksicht nehmen, überall aufpassen, beharrlich bleiben. Müde sind viele geworden, auch genervt. Manche machen sich Luft, indem sie gegen die Corona-Regeln und für ihre Freiheit demonstrieren. Die meisten jedoch halten sich noch dran. Natürlich ist die Aufmerksamkeit nicht mehr so hoch wie noch im Frühjahr. Dafür ist vieles schon fast zum Alltag geworden und uns zur Gewohnheit geworden. Ausnahmen bestätigen die Regeln. Wir sehnen uns wieder nach der alten Normalität. Und wir haben wenig Lust auf noch mehr Vorschriften, vor allem dann, wenn sie uns unlogisch, kompliziert und wenig praktikabel erscheinen.
Die 10 Gebote sind uns ein Begriff. Wir bekommen sie vielleicht alle zusammen, wenn auch die Reihenfolge durcheinander gerät. Wir wissen, es geht darum, ein gutes Miteinander von Mensch und Gott und Mensch und Mensch zu fördern. Dass uns dabei manches veraltet erscheint – geschenkt. Dennoch gibt es eine relativ hohe Akzeptanz, jedenfalls bei den meisten. Ob wir uns immer daran halten, steht natürlich auf einem anderen Blatt. „Du sollst nicht töten …“ – das will ich hier nicht thematisieren.Bei der Ehrung der Eltern tauchen erste Fragezeichen auf: Wie gehen wir z.B. mit älteren Menschen in unserer Gesellschaft um? Oder nehmen wir das Gebot, der Besitz der anderen zu respektieren. In einer von Konsum geprägten Welt stoßen wir auch da an unsere Grenzen, uns von Neid und Eifersucht frei zu machen. Und was ist mit dem Sabbat-Gebot? Wie schafft man einen Tag der Ruhe in Zeiten des Internets, Alles und jede/r sind 24 Stunden an 7 Tagen der Woche erreichbar. Auch die Geschäfte vor Ort sehen sich gezwungen ihre Läden immer länger aufzuhalten.
Es geht im Grundsatz darum, wie ich leben und wonach ich mein Leben ausrichten will. Gottes Gebote haben immer ein Miteinander zum Ziel: Solidarität, Respekt, Barmherzigkeit, Liebe … Alles Eigenschaften, die uns den anderen in den Blick nehmen lassen. Damit entsprechen sie dem dreifachen Liebesgebot, weshalb Jesus dieses als das höchste bezeichnen konnte. Diesen Sinn der Gebote sollten wir uns bewahren, damit sie befreien, Denn genau darum geht es Gott letztendlich. Das hilft uns, sie in unseren Alltag zu integrieren, auch solche Gebote und Regeln, die uns erst einmal gewöhnungsbedürftig erscheinen. Sie dienen dem gemeinschaftlichen Leben. So sind sie zu lesen und zu leben.
Wenn es uns gelingt, sie in unsern Alltag zu integrieren, dann sehen wir im anderen ein geliebtes Kind Gottes und nicht das Kind, das ständig Ärger macht, den Kollegen, der uns nervt oder den Chef, der ständig unerfüllbares von uns erwartet. Wir entdecken dann, warum das Kind ständig Ärger macht, was es umtreibt. Wir merken, was den Kollegen so nervig macht, was ihm auf der Seele liegt und wir sehen den getriebenen Chef. Das macht es vielleicht nicht einfacher, es nimmt jedoch den Druck, denn für jedes Verhalten gibt es Gründe. Die zu entdecken gelingt auf dem Hintergrund der Gebote, denn deren Sinn ist die Befreiung zu einem gelingenden leben. Und zwar für alle Menschen.